Es ist Mittwochmorgen, die Sonne scheint aber die Luft ist ziemlich kalt. Das hält uns nicht davon ab heute rauszugehen. Denn Anton vom Heidesand – aka Der Dackler – ist heute zu seiner ersten Anlagenprüfung angemeldet. Es ist April und die Jagdhunde dürfen noch den Spurlaut am Hasen unter Beweis stellen, bevor die Brut und Setzzeit in vollem Gange ist. Warum dass genau jetzt gemacht wird und welche Bedeutung die jagdlichen Prüfung für Wild, Hund und Mensch haben, das ist Stoff für einen anderen Artikel.
Spurlautprüfung – Was soll das sein?
Was unser lieber Anton heute zeigen soll ist, dass er die Spur eines Feldhasen frei und sicher verfolgen kann und uns durch lautes Bellen zeigt, dass er eine Spur verfolgt, bzw. dass er sie verloren hat indem er verstummt. Dazu bilden mehrere Hundeführer mit ihren treuen Begleitern eine sogenannte Streife. Sie stellen sich mit ca. 10-15 Metern Abstand zueinander auf und laufen parallel, langsam ein Feld oder eine Wiese ab. Langsam deshalb, um die Feldhasen nicht in Panik zu versetzen und keinen zu übersehen und wohlmöglich versehentlich drauf zu treten.
Wenn wir nun einen Hasen sehen, dann ist es wichtig, dass der zu prüfende Hund ihn nicht sieht. Denn was wir feststellen wollen ist ja nicht, dass der Hund sichtlaut ist – also ein Mords Theater macht, wenn er den Hasen sieht und hinterher will. Geprüft wird, ob er die Spur des Hasen verfolgen kann, allein anhand des Geruchs und dabei lauthals auf sich und sein Tun aufmerksam macht. Also wird der Prüfling kurzerhand mit dem Kopf nach hinten auf den Arm genommen – beim Dackel kein Problem – und zum Prüfungsrichter und der Sasse des Hasen getragen. Dort setzen wir den Hund auf die Spur an und sobald wir merken, dass er „drauf“ ist, entfernen wir die Leine und lassen unseren Hund seine Arbeit machen.
Und wie war das bei Anton?
Genau so lief es auch am Mittwoch. Wir bekamen den zweiten Hasen unserer Prüfungsgruppe zugeteilt. Der Hase wurde schon bald ausgemacht und ich habe mir Anton unter den Arm geklemmt. Die Sasse konnten die Richter nicht sicher ausmachen und auch den Anfang der Spur nicht, da man den Hasen in einer tiefen Gründüngung erst in Bewegung gesehen hatte, aber nicht dessen Startpunkt.
Anstatt einer Leine hatte ich mir ein einfaches Seil mit zwei offenen Enden mitgebracht und durch das Halsband gefädelt. Beide Enden hielt ich zunächst fest in der Hand, während Anton mit tiefer Nase und ordentlich Zug auf der Leine den Anfang der Spur suchte. Keine leichten Bedingungen. Die Richter baten mich trotzdem schon nach ein bis zwei Metern meinen Hund zu schnallen – Jägerlatein für „mach die Leine ab und lass den Hund laufen“. Gesagt, getan. Nach weiteren zwei Metern war Anton sicher auf der Spur. Wir hörten ihn laut bellen, sein hoher Hasensound: „Yöff, yöff, yöff“. Mit einer für einen Zwergdackel schier unvorstellbaren Geschwindigkeit und dabei lauthals bellend rannte er die Spur ab. Jeden Untergrundwechsel – von der Gründüngung in der er gestartet war, auf die Wiese, über einen geschotterten Feldweg auf eine Brachfläche und den frisch gepflügten Acker – meisterte er mit Bravour. Schon nach wenigen Minuten waren sich die Richter einig, dass sie alles gesehen hatten, was sie sehen wollten und ich meinen Hund wieder einsammeln dürfte.
Kennen die Jäger keinen Rückruf?
Jetzt muss man dazu sagen, dass dies bei einer Prüfung immer etwas anders ist als in der jagdlichen Praxis. In der Prüfung muss es natürlich weitergehen, schließlich waren noch vier andere Hunde zu prüfen. In der Praxis würde man seinen Hund nicht wieder einsammeln. Jagdhunde verfolgen eine Spur oft sehr konsequent und über weite Strecken. Danach kommen sie selbstständig wieder zurück zu ihrem Hundeführer. Das schaffen sie auch in fremder Umgebung, indem sie sich auf ihrer eigenen Fährte wieder zurückfährten. Eine wichtige Eigenschaft, um als Hund selbstständig seiner Arbeit nachzugehen!
Und um die Frage, die über diesem Absatz steht zu beantworten: Oh doch, den Rückruf kenn die Jäger und ihrer Hunde sehr gut. Ich möchte sogar behaupten, dass wir den Rückruf sogar unter den reizvollsten Situationen immer wieder trainieren und das mit Hunden die besonders Triebstark sind. Es ist aber in dieser jagdlichen Situation häufig nicht gewünscht, dass der Hund sofort zurückkommt, es sei denn, er steuert auf eine Gefahrenquelle, wie eine vielbefahrene Straße zu.
Worin liegt die Schwierigkeit?
Nun würde ich gerne noch ein paar Zeilen über die unterschiedlichen Untergründe und deren Einfluss auf die Spur loswerden. Je nach Untergrund hält sich eine Spur unterschiedlich gut und ist für den Hund demnach auch schwerer oder leichter zu erschnüffeln. Böden, die eine gewisse Grundfeuchtigkeit haben, wie zum Beispiel Wiesen, halten Gerüche einfach besser. Trockene Böden, wie etwa ein Schotterweg oder der mit Nadeln übersäte Grund eines Nadelwaldes, stellen echte Herausforderungen für unsere Spürnasen dar. Deshalb achten die Richter bei solchen Prüfungen unteranderem darauf, wie der Hund Übergänge zwischen verschiedenen Untergründen meistert: Gibt ein Hund am Feldweg auf und kommt zurück, stockt er kurz und findet die Fährte vielleicht erst hinter dem Weg wieder oder verfolgt er sie sogar auf einem solchen Grund sicher weiter. Das hat Einfluss auf die Bewertung von Spurwille und Spursicherheit – zwei der Kategorien in denen bewertet wird.
Ihr könnt es euch wohl nach meiner Beschreibung der Untergründe und des Prüfungsverlaufs bereits denken – Unser Anton hat seine Sache hervorragend gemacht. Er wurde mit dem 1. Preis und voller Punktzahl bewertet. Wir sind natürlich mächtig stolz auf ihn.
Aber warum das Ganze?
Vermutlich fragen sich nun doch einige, die bis hier hin tapfer gelesen haben, warum sich eine Gruppe Jäger mit ihren Hunden auf ein Feld stellen und ihre Hunde dafür feiern, wenn sie laut kläffend einer Hasenspur hinterher jagen. Ganz besonders, wo jeder Besitzer eines Freizeithundes möchte, dass dieser schön leise ist und auf keinen Fall die Nachbarn an Gartenzaun und Wohnungstür mit seinem Gekläffe tyrannisiert.
Wie ich schon erwähnt habe, handelt es sich um eine Anlagenprüfung. Das kann man sich ein bisschen wie einen Grundlagenschein vorstellen, auf den dann später weiter aufgebaut wird. Anlagenprüfungen sind aber auch extrem wichtig für die Zuchtauswahl bei Jagdhunderassen.
In der jagdlichen Praxis dient der Spurlaut dazu, dass der Hund sich ankündigt, wenn er bei der Stöberarbeit die Spur von lebendem, gesundem Wild zu verfolgen beginnt. Dadurch ist das Wild vorgewarnt und kann sich ruhig in Bewegung versetzen. Was wir nämlich nicht wollen, ist ein Hund, der sich anschleicht, das Wild überrascht und dann schnell hetzt. Das Wild hat dann Panik, schüttet Unmengen Adrenalin aus und erlebt die gleiche Todesangst, wie ein Nutztier wenn es auf den Schlachthof transportiert und dort unsanft zum Schlachter getrieben wird.
Was wir Jäger wollen ist Wild, dass in Ruhe und ohne Panik vom Hundegebell in Bewegung versetzt wird, sodass wir Zeit haben das Wild sicher anzusprechen (heißt festzustellen welche Art, welches Geschlecht und welchen Gesundheitszustand es hat), um dann entscheiden zu können, ob wir einen sicher tödlichen Schuss antragen oder nicht.
Unsere Hunde sind unsere wichtigsten Jagdhelfer mit denen wir, ähnlich wie die Wölfe in ihren Rudeln, bei der Jagd zusammenarbeiten. Deshalb sagt man auch: „Jagd ohne Hund ist Schund!“
Was ist mit den armen Hasen?
Nun kann ich verstehen, dass das Thema Jagdausübung und insbesondere Trainings und Prüfungen, die an lebenden Tieren durchgeführt werden bei dem einen oder anderen Unbehagen auslösen.
Ich persönlich verfechte die Meinung, dass wir Jäger, auch aufgrund unserer Ausbildung und der Liebe zur Natur, das bestmögliche Tun, um zahme und freilebende Tiere fair zu behandeln und ihnen keinen unnötigen Stress zuzumuten. Bei dieser Prüfung beispielsweise, wird der Hase durch uns Menschen in seiner Ruhe gestört. Genauso wie es auch passiert, wenn Otto Normal durch Wald und Flur spaziert. Die Hunde hetzen nicht etwa das Tier, denn das ist schon längst über alle Berge, wenn wir den Hund laufen lassen, sondern verfolgen lediglich deren Spur. Zudem kann kein Jagdhund die gleiche Geschwindigkeit erreichen, wie ein Feldhase auf freier Fläche, schon gar kein Dackel mit seinen kurzen Läufen. Es besteht also defacto keine Gefahr für den Hasen.
Mir persönlich reicht das, um den Wert in der Übung und Prüfung für eine sichere jagdliche Praxis, als überwiegend anzusehen.